Baugeschichte
Über die frühen Vorgängerbauten gibt es kaum Informationen. Im Jahr 1015 erfolgte die Grundsteinlegung des ottonischen Münsters, welches die Länge und Breite der heutigen Kathedrale aufwies. Um 1050 vollendet, wurde dieser Bau im 12. Jahrhundert von mehreren Bränden heimgesucht. Ab 1176 erfolgte der Neubau der Ostteile in mehreren Etappen (um 1180/1200: Andreaskapelle, Chor und Vierung; um 1200/1210: Nordquerhaus; Vollendung des Südquerhaus und nördlichen Doppelkapelle gegen 1230).
Im Anschluss wurde das romanische Langhaus abgetragen und in zwei Bauetappen von Ost nach West (1230-1275) neu errichtet. 1275 wurde das letzte Langhausgewölbe geschlossen. 1277 erfolgte die Grundsteinlegung für die neue Westfassade. Ein Großteil des unteren Geschosses und das Rosenfenster wurden unter dem Werkmeister Erwin erbaut. Im Jahr 1365 waren die beiden Türmstümpfe vollendet, doch folgte wenig später – abweichend von den ursprünglichen Plänen – die Schließung des Zwischenraumes durch den Bau eines Glockenhauses. Ulrich von Ensingen errichtete ab 1399 den hohen Turm, der von dessen Nachfolger Heinrich Hültz 1439 vollendet wurde. Bis zum späten 19. Jahrhundert war er der höchste Kirchturm der Christenheit.
In den 1340er Jahren wurde die Katharinenkapelle an das südliche Seitenschiff angebaut. Der Bau der Martinskapelle (der heutigen Laurentiuskapelle) an das nördliche Seitenschiff erfolgte in den Jahren zwischen 1515 und 1521.
1744 wurde die, an das Nordquerhaus anschließende, achteckige Sakristei von Joseph Massol erbaut. Nach dem Brand der gotischen Vierungsbekrönung 1759, errichtete Jacques-Francois Blondel einen achteckigen, oben abgestumpften Vierungsturm. Der Architekt Laurenz Götz ersetzte die an das Münster angrenzenden mittelalterlichen Kaufmannsbuden durch eine neugotische Arkadenarchitektur.
Nach dem Brand der Dächer infolge der Bombardierung Straßburgs im Jahr 1870 musste das Langhausdach unter dem Architekten der Münsterbauhütte, Gustave Klotz, erneuert werden. Dieser erhöhte den Vierungsturm in den Jahren 1878/79 um eine im neoromanischen Stil gehaltene Etage. Nach der erneuten Bombardierung Straßburgs im Jahr 1944 musste diese, neben weiteren Bauteilen, in Stand gesetzt werden.
Baugestalt
Das Straßburger Münster ist eine kreuzförmige Basilika mit einem dreischiffigen, siebenjochigem Langhaus und einem dreijochigen Fassadenbau.
Der Chor ist außen flach abgeschlossen und von doppelgeschössigen Kappellenbauten flankiert. Das Querhaus ist durch den erhöhten Chor, der sich bis ans Langhaus erstreckt, und unter dem sich die Krypta befindet, unterbrochen.
Alle Raumteile sind kreuzrippengewölbt.
Die wichtigsten Baumaße:
– | Länge des Münsters: | 112 Meter |
– | Breite der Westfassade: | 51,5 Meter |
– | Höhe des Langhauses: | 40 Meter (32 Meter im Inneren) |
– | Höhe der Seitenschiffe: | 19 Meter |
– | Höhe der Querhäuser: | 32 Meter |
– | Höhe des Westturms: | 142 Meter |
– | Höhe der Aussichtsplattform: | 66 Meter |
– | Höhe des Vierungsturmes: | 58 Meter |
– | Höhe der Vorhalle: | 42 Meter |
– | Durchmesser des großen Rosenfensters: | 13,6 Meter |
Die wichtigsten Flächenmaße:
– | 6044 m² | bebaute Fläche |
– | 4900m² | Kupfer gedeckte Dächer |
– | 600 m² | Ziegel gedeckte Dächer |
– | 47m² | Schiefer gedeckte Dächer |
Ausstattung
Besonders hervorzuheben ist die bauplastische Ausstattung der Portale:
Westportale
Nördliches Westportal, um 1280/90: In den Gewänden Tugenden, die auf besiegten Lastern stehen.
Im Tympanon: Szenen aus der Kindheit Christi.
Mittleres Westportal, um 1280/90: In den Gewänden Propheten.
Im Tympanon: Szenen aus dem Leben Christi (Passion, Höllenfahrt, Auferstehung, Himmelfahrt), zum Teil aus dem 19. Jahrhundert.
Südliches Westportal, um 1280/90: In den Gewänden Darstellung der klugen und törichten Jungfrauen, in den Sockelreliefs Monatsdarstellungen und Tierkreiszeichen.
Im Tympanon: Weltgericht (erneuert im frühen 19. Jahrhundert).
Weitere Portale
Südquerhausportal:
In den Tympana: Marientod und Marienkrönung (um 1220/25).
Seitlich des Portals: Eklessia und Synagoge, um 1220/25 (Kopien von 1905/06).
Im Inneren des Südquerhauses: Weltgerichtspfeiler (oder Engelspfeiler), Darstellung des Weltgerichts mittels zwölf um einen achteckigen kantonierten Pfeiler gruppierten Skulpturen (um 1220/25).
Nordquerhausportal:
Laurentiusportal (Portal der 1495-1505 von Jakob von Landshut erbauten Sakristei) mit der Darstellung des Martyriums des Heiligen Laurentius (unter einem Baldachin über dem Portal, freie Nachbildung des 19. Jahrhunderts) sowie Gewändefiguren, Maria, die Heiligen Drei Könige, einen Diener, den Heiligen Laurentius und vier weitere Heilige darstellend. Die Skulpturen wurden von Conrad Sifer und Hans von Aachen gefertigt. In situ befinden sich heute Kopien, die Originale werden im Musée de l’Oeuvre Notre-Dame aufbewahrt.
Zahlreiche Altäre, Grabmäler und Epitaphe wurden durch den reformatorischen Bildersturm zerstört. Im späten 17. Jahrhundert wurde der gotische Lettner, die Marienkapelle der Frauenwerksstiftung, das Hauptaltar-Retabel des Nikolaus von Hagenau und das Heilige Grab der Katharinenkapelle zerstört (Fragmente heute im Museum).
An mittelalterlichen Ausstattungsstücken haben sich erhalten:
- das Taufbecken von Jodokus Dotzinger (1453) im Nordquerhaus.
- die steinerne Kanzel von Hans Hammer (1485) im Langhaus.
- die Orgel (Pendentif von 1385, Buffet von 1489, das Werk von A. Silbermann 1714/1716) im Langhaus-Obergaden.
- die Astronomische Uhr (1547-1574, erneuert von J.B. Schwilgué 1838/42) im Südquerhaus.
Grabdenkmäler (aus Sandstein):
In der Johanneskapelle:
Wandgrab des Bischofs Konrad von Lichtenberg (†1299) und Epitaph des Domherren Konrad von Busnang, 1466 von Nicolaus Gerhard von Leyden
In der Katharinenkapelle:
Epitaph des Stadtmeisters Konrad von Bock und seiner Gemahlin, 1480
In der Andreaskapelle:
Epitaph der Brüder Hieronymus und Melchior von Barby, nach 1521
Im Leichhöffel hinter der Johanneskapelle (nicht zugänglich):
Grabplatte Meister Erwins (†1318), seiner Ehefrau Husa und seines Sohnes Johannes (†1339)
Glasfenster:
Bedeutende Reste der alten Glasmalereien (12.-15. Jahrhundert) sind erhalten. Diese stammen zum Teil noch aus dem romanischen Vorgängerbau. Eine umfangreiche Restaurierung der Glasfenster erfolgte im 19. Jahrhundert.
Hervorzuheben sind:
- im Südquerhaus: zwei Rosenfenster, das Alte und das Neue Testament darstellend (um 1230).
- im Nordquerhaus: zwei Lanzettfenster in der Nordwand, mit Salomonszenen (Salomo und die Königin von Saba, David und Salomo, Urteil Salomons), um 1230.
- im nördlichen Seitenschiff: « Kaiserfenster » mit Darstellungen von 19 karolingischen, ottonischen, salischen und staufischen Herrschern (12. /13. Jahrhundert).
- im südlichen Seitenschiff: kleinfigurige Christusszenen (14. Jahrhundert).
- im Langhaus-Obergaden: heilige Päpste, Diakone, Krieger und Straßburger Bischöfe (Nordseite) sowie heilige Frauen und Jungfrauen (Südseite).
- im Chorscheitel: modernes Marienfenster (1956) von Max Ingrand (Geschenk des Europarates).
- das große Rosenfenster, Durchmesser 13, 60 m (größtenteils 19. Jh.).
Restaurierungsarbeiten
Bereits vor der Vollendung des Münsterturmes im Jahr 1439 wurden am Münster Restaurierungsarbeiten durchgeführt. Die im Verlauf der Französischen Revolution zerstörten Skulpturen wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ersetzt. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde unter Gustave Klotz mit der systematischen Restaurierung des Münsters begonnen. Zerstörungen durch Kriegseinwirkungen (Belagerung Straßburgs im Deutsch-Französischen Krieg 1870 und die Bombardierung Straßburgs 1944) machten umfangreiche Restaurierungsarbeiten nötig.
Durch den Münsterbaumeister Johann Knauth wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts die romanischen und gotischen Fundamente des Turmpfeilers der Vorhalle erneuert und dadurch der befürchtete Einsturz des Turmes verhindert.
Seit der Französischen Revolution gehört das Münster dem französischen Staat. Alle Restaurierungsarbeiten stehen unter der Obhut der Staatlichen französischen Denkmalpflege. Die anstehenden Restaurierungsarbeiten werden an die Fondation de l’Oeuvre Notre-Dame (Münsterbauhütte), welche der Stadt Straßburg untersteht, oder an Privatfirmen vergeben. Seit einem im Jahr 1999 abgeschlossenen Abkommen zwischen dem französischen Staat und der Stadt Straßburg gibt es einen einzigen Architekten, der die Funktionen des staatlichen Denkmalpflege-Architekten und diejenigen des Architekten der Fondation de l’Oeuvre Notre-Dame vereint.
Seit 1983 ist die Restaurierung der Langhaus-Nordseite durch Privatfirmen im Gange. 2008 wurden die Arbeiten der letzten beiden Langhausjoche abgeschlossen.
Die Münsterbauhütte hat die Turmspitze in den Jahren 2000-2004 zusammen mit Privatfirmen restauriert. Bis 2006 wurde das Oktogon des Turmes restauriert. Die romanische Zwerggalerie des Vierungsturmes wird bis 2009 in Stand gesetzt. Für 2009/2010 ist die Konservierung und Restaurierung der Westwand des Südquerhauses vorgesehen. Die staatliche Denkmalpflege plant die Restaurierung der südlichen Seitenschiffsfenster.
Besonderheiten
Auf der Aussichtsplattform ist das Wächterhäuschen aus dem 18. Jahrhundert erhalten. Darin befinden sich zwei hölzerne Laufräder aus dem 16. Jahrhundert, die dem Materialtransport dienten. Die Eintrittsgelder zum Aufstieg auf die Plattform kommen der Restaurierung des Münsters zu Gute.
Nutzung
Das Straßburger Münster ist Hauptkirche der Diözese Alsace und Straßburg der Bischofssitz. Täglich werden zwischen zwei und vier Messen gefeiert. Regelmäßig finden Orgel- und Chorkonzerte statt. Zugleich zieht das Münster jährlich Millionen von Touristen und Kunstliebhabern an.
Öffnungszeiten:
Straßburger Münster
Täglich
von 07.00 Uhr bis 11.20 Uhr
und von 12.35 Uhr bis 19.00 Uhr (Keine Besichtigung während der Gottesdienste).
Besichtigung der Astronomischen Uhr
Vorbeiziehen der Apostel jeden Tag um 12.30 Uhr
Eingang:
am Nordportal (auf der Schlossseite) ab 11.20 Uhr
Kartenverkauf:
am Postkartenstand von 09.00 bis 11.30 Uhr
und bei der Kasse am Südportal von 11.50 bis 12.20 Uhr
Eintritt: 2.00 €
Ermäßigt: 1,50 € für Gruppen ab 12 Personen
Frei für Kinder unter 6 Jahren
Aufstieg zur Münster-Plattform (66 Meter), 332 Stufen
Oktober bis März:
von 10.00 bis 17.15 Uhr
April bis September:
von 9.00 bis 19.15 Uhr
Eingang:
Auf der Südseite (Schlossseite – Parkplatz)
Kartenverkauf:
am Eingang
Eintritt:
4,60 EUR
Ermäßigt:
3,40 EUR für Gruppen ab 20 Personen
2,30 EUR für Jugendliche unter 18 Jahren, Studenten, Militär
Eintritt frei jeden ersten Sonntag des Monats