Meißner Dom

STREETVIEWIn Streetview ansehen.

Baugeschichte

grundriss_tngr1250_tngr1540_tn

Der Dom St. Johannes Evangelist und St. Donatus auf dem Burgberg in Meißen war seit seiner Erhebung zur Kathedralkirche unter Kaiser Otto im Jahre 968 bis zur Reformation das prägende Zentrum des Bistums sowie der Mark Meißen bzw. des späteren Kurfürstentums Sachsen.Chor und Querhaus des gotischen Domes, zusammen entstanden von 1240 bis um 1270, repräsentieren modernste Stilformen der Architektur der Zeit.Nach einem Planwechsel um 1270 errichtete man das Langhaus in Form einer Halle. Der Meißner Dom mit Langhaus und den untersten Geschossen der Westtürme wurde um 1400 vollendet. 1401 war die Schlußweihe des Doms.Zu dieser Zeit war bereits der südliche der beiden Chorflankentürme fertiggestellt. 1420 wurde ein Westchor als Grablege der Wettiner und Ort dynastischen Gedenkens angefügt.

 

Das dritte Turmgeschoß der Westturmanlage folgte in den 1470er Jahren; der Ausbau der Westtürme 1904-1908 geht auf Pläne des Karlsruher Architekten Carl Schäfer zurück. Im Verein mit den 3 anderen sächsischen Domen in Freiberg, Bautzen und Wurzen ist der Meißner Dom das zentrale Bauwerk, an dem sich über ein Jahrtausend unserer Landes- und Kirchengeschichte festmachen läßt.

Baugestalt

dom_elbe_tnWie auch schon sein romanischer Vorgängerbau war der gotische Meißner Dom als viertürmige Anlage konzipiert, die weit in die Landschaft des oberen Elbtals hineinwirken sollte. Bis auf den „Höckriger Turm“ genannten Südostturm waren zur Weihe des Doms 1401 die Türme noch nicht ausgeführt. Der Tod des Dombaumeisters Arnold von Westfalen 1482 ließ die ambitionierte Planung einer etwa 80 Meter hohen Doppelturmfront im Westen zum Erliegen kommen. Die Verlegung der Residenz vom Meißner Burgberg nach Dresden als eine der Folgen der Leipziger Teilung des Landes, die Einführung der Reformation 1539 und ein verheerender Dombrand 1547 ließen die Bedeutung des Meißner Domes schwinden.

Über Jahrhunderte sollte er ein Torso bleiben, bis Mitte des 19.Jahrhunderts die Maler der Romantik und bedeutende Architekten wie Schinkel und Semper den Dom nicht nur als unvollendetes Monument „wiederentdeckten“ und für den Weiterbau der Türme plädierten. 1902 nahm sich der neugegründete Dombauverein dieser Aufgabe an. Heute stehen wir voller Bewunderung vor diesem so einfühlsamen Werk, das den gotischen Geist seines Schöpfers Arnold noch spüren lässt. Die nahezu 90 Meter hohen Türme bilden nun gemeinsam mit der Albrechtsburg und dem Bischofsschloß – die unverwechselbare Stadtkrone Meißens. Von Ost nach West hat der Dom eine Längserstreckung von knapp 100 Metern, während das etwa 19 Meter hohe Hallenlanghaus durch seine strengen hochgotischen Proportionen viel höher wirkt, tatsächlich aber nahezu von gleicher Breite und Höhe ist. Er gehört aber eher zu den kleineren Domkirchen, wenn es nicht überhaupt der kleinste Dom in Deutschland ist.

Um den über einem lateinischen Kreuz aufgeführten Domgrundriß gruppieren sich Annexbauten, die im Laufe der Zeit als Kreuzgang mit dem Kapitelhaus, der als Kapitelsaal genutzten Allerheiligenkapelle oder als Begräbniskapellen angefügt wurden. An seiner Nordseite ist der Dom eng mit der benachbarten Meißner Burg verzahnt.

Ausstattung

glasfenster_tn

Der Meißner Dom war die Kathedrale des Bistums Meißen. Sein langgezogener Chor mit dem Hochaltar war konzipiert für die Durchführung des „immerwährenden Chorgebetes“ und der Durchführung von Messen.Das Chorgestühl lässt auf eine sehr große Zahl von über 50 Choristen schließen. Westlich des Lettners war der Kirchenraum der Laien mit über 40 Altären und mehr als 200 Bestattungsorten; aber auch dem Hochgrab des in Meißen schon immer verehrten Bischofs Benno (+1106).Das große spätgotische Sakramentshaus, die weiträumige Sakristei und die Domschatzkammer lassen heute noch den Reichtum der Meißner Kathedrale erahnen.
Den Bildersturm der Reformation haben nur wenige der originalen Ausstattungstücke überstanden.

 

Der plastische Schmuck durch sieben lebensgroße farbig gefasste Figuren aus der Naumburger Schule ist erhalten geblieben, wie auch die Portalfiguren des Südportals und des Westportals sowie das komplette Figurenprogramm der Fürstenkapelle. Einige der spätgotischen Altäre mit Tafelbildern des niederländischen Meisters Jan oder der beiden Cranachs (d.Ä. und d.J.) haben sich erhalten, während die Steinretabel des Annenaltars in der Allerheiligenkapelle ihre Aufstellung gefunden hat.Für das am Lettner fehlende Triumphkreuz wird man durch das den Kirchenraum beherrschende Chorscheitelfenster mit der Glasmalerei von 1260 entschädigt. Mittelalterliche Glasmalereifragmente befinden sich auch noch in den Couronnements der Chorfenster und in der Allerheiligenkapelle. Das Sakramentshaus, das hölzerne Chorgestühl und die Untergestelle von Lesepult und Taufe sind sich als Relikte der Chorausstattung erhalten geblieben. Neben den Fürstengräbern in dem „Fürstenkapelle“ genannten Westchor verfügt der Meißner Dom mit weit über 200 zum größten Teil noch mittelalterlichen Grabplatten über den größten Bestand an Grabdenkmälern in Mitteldeutschland.Bei der Restaurierung des Domes in den 1990er Jahren hat er seine mittelalterliche Raumfarbigkeit zurückerhalten: der gelblich-warme Ton der steinsichtigen Wände und Pfeiler korrespondiert mit den Teilfassungen der Gewölbe und Schlusssteine.

Restaurierungsarbeiten

westt_tnchristus_tn1904 bis 1908 wurde die Westturmanlage des Domes nach über 400jähriger Bauunterbrechung nach Plänen von Dombaumeister Carl Schäfer vollendet.
Es folgte die Renovation der Langhausfassaden, deren bildhauerischer Höhepunkt der komplette Austausch der Südportalfiguren war.
Der Südostturm des Domes, der Höckrige Turm, erhielt einen neuen Turmhelm, nachdem das alte Steinwerk nach einer fehlgeschlagenen Steinkonservierung mit Kaliwasserglas im 19.Jh. in einen offenbar nicht mehr reparablen Zustand geraten war. Die geplante Weiterführung des Baus des Nordostturmes kam nicht zustande.
1912 wurde mit einem großen Festakt nach der Erneuerung des Innenraums unter Dombaumeister Hugo Hartung der „Dom seiner ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben“, wie es der Vorsitzende des Dombauvereins Dr. Peters in seiner Festrede formulierte.
Der kurz darauf beginnende Erste Weltkrieg setzte andere Schwerpunkte, aber bereits 1929, zur Milleniumsfeier Meißens stand der Dom wieder im Blickpunkt: sein Geläut wurde mit einer der figurenreichsten Glocken der Welt komplettiert. Ganz übersehen hatte man aber dabei die „Signale“ kommender Bauschäden, die sich zunächst mit Rissebildungen in den neu errichteten Türmen ankündigten.
Die politische Lage und der sich ankündigende nächste Weltkrieg verhinderten eine kurzfristige Sanierung.

Die nach dem Krieg folgende kommunistische Diktatur mit ihrer Misswirtschaft machte sie hingegen ganz unmöglich. Trotzdem hat es immer Menschen gegeben, die sich -wenn auch mit kleinen Schritten- um den Erhalt des Domes sorgten.
In den 1980er Jahren folgte die bauaufsichtliche Sperrung der Domtürme.

Erst mit der deutschen Wiedervereinigung war die Rettung des Domes möglich.
Ein groß angelegtes Restaurierungsprogramm erstreckte sich seit 1990 über alle denkbaren Bereiche des Domes.
2002 konnten die wichtigsten Arbeiten beendet, die Domrestaurierung aber nicht abgeschlossen werden.
Bis heute wird noch an der Kathedrale gebaut und restauriert.

Die Einzelheiten sind dem Langtext zur Domrestaurierung
restaurierung-dom-meissen.pdf zu entnehmen.

Besonderheiten

hoherchor_tnDer Meißner Dom ist ein nahezu stilreiner gotischer Bau. Abgesehen von wenigen Ergänzungen wie die der evangelischen Predigtkanzel von 1591, die an eine Predigerkirche erinnernden Gestühlsblöcke und der Orgel von 1972 erlebt man heute noch unverändert den mittelalterlichen Raum.

Der Bau geht in seiner Gestaltung und konstruktiven Durchbildung weit über die kurz zuvor in Schulpforta oder Naumburg entstandenen Neubauten hinaus.

In Meißen geht man eigene Wege, indem ein für den mitteldeutschen Raum nahezu einzigartiges Chorkonzept entwickelt wird: die Flächen zwischen den Strebepfeilern des Chorpolygons sind völlig in Glas aufgelöst, während die Pfeiler auf das statisch erforderliche Mindestmaß reduziert sind.

Die Wände des ungewöhnlich lang gezogenen Chores sind der erste steinsichtige Quaderbau und werden verziert durch das Dorsale, die steinerne Rückwand des Chorgestühls, und vier farbig gefasste Skulpturen der Naumburger Werkstatt in dem eigens für ihre Aufstellung geschaffenen „Stifterjoch“. In Höhe der Fensterbänke umzieht ein äußerer Laufgang den Chor. Man erreicht ihn über zwei kleine Wendelsteine. Bei der Restaurierung wurde 1998 ein mittelalterlicher Werkriß entdeckt, der in das Quadermauerwerk aus Sandstein eingeritzt wurde. Von großer Bedeutung ist auch die bauzeitliche Glasmalerei des Chorachsfensters.

Mit dem wegen seines charakteristischen Knicks im Verlauf der Turmgrate „Höckriger Turm“ genannte Chorflankenturm in der Südostecke zwischen Querhaus und Chorhals verfügt der Dom über einen der wenigen noch im Mittelalter fertiggestellten Maßwerk-Türme; er ist nur wenig jünger als sein Vorbild am Freiburger Münster. Viele bauliche Details vor allem in der Bauphase der zweiten Hälfte des 14.Jahrhunderts können ihre Herkunft von der Prager Dombaustelle nicht verleugnen.

Mit dem Achteckbau und dem Westportal haben sich zwei einzigartige Beispiele der ursprünglichen Außenfarbigkeit gotischer Kathedralen erhalten.

Nutzung

Der Meißner Dom ist die Kathedrale der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Sachsen. Verwaltet wird diese durch das 968 gegründete Hochstift Meißen mit dem seit 1581 evangelisch gewordenen Domkapitel, das sich heute aus lebenslang für das Amt gewählten Theologen und Laien zusammensetzt. Stiftsherr ist seit der Gründung der sächsischen Landeskirche der Landesbischof.

Der Dom verfügt als Bischofskirche über keine eigene Pfarrgemeinde, die z.B. Kirchensteuern zahlt. Deshalb muß das Hochstift Meißen seinen Finanzbedarf selbst erwirtschaften. Das geschieht vor allem durch die Erhebung von Eintrittsgeldern für die Besichtigung des Domes bzw. der dort angebotenen Veranstaltungen. Etwa 160.000 Menschen besuchen jedes Jahr den Dom; sie werden auch durch die neu entstandenen Museumsräume und auf die Türme geführt, können die Domschatzkammer besichtigen oder nur einfach in aller Stille den Raum auf sich wirken lassen.

Täglich wird eine mittägliche Orgelmusik angeboten, jeden Sonnabend finden anspruchsvolle Dommusiken statt und allsonntäglich der Gottesdienst.
Daneben ist der Dom auch die Kirche der benachbarten Evangelischen Akademie und des Pastoralkollegs, die ihn für zahlreiche Veranstaltungen nutzen. Immer mehr gewinnt der Dom an Bedeutung für Trauungen und Taufen. Durch das rege kirchliche Leben ist am Dom hier eine neue Gemeinde gewachsen: ihr gehören alle Freunde des Meißner Doms in nah und fern an die ihn schätzen gelernt haben und ihn nicht mehr missen möchten.