Dom St. Bartholomäus Frankfurt am Main

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Baugeschichte

Durch archäologische Grabungen wurde 1991/92 eine ca. 12 m lange Steinkirche der späten Merowingerzeit nachgewiesen (Fund eines Mädchengrabes). In frühkarolingischer Zeit wurde an ihrer Stelle ein größerer Steinbau neu errichtet, hier erfolgte die Einberufung des Konzils von 794 durch Karl den Großen. In diese Zeit fällt auch der Ausbau der kaiserlichen Pfalz. Im Jahr 855 weiht Hrabanus Maurus den dritten Kirchenbau ein. Eine Erweiterung der Stiftskirche inklusive Bau ei­ner Doppel­turmfassade ist für die staufische Zeit dokumentiert, ebenso wird eine neue Choran­lage eingeweiht (1239). Um 1260 wird das alte Langhaus durch eine frühgoti­sche, dreischiffige Halle ersetzt.
Für das 14. Jahrhundert sind umfangreichere Bauaktivitäten dokumentiert:
Sie beginnen ab 1315 mit dem Bau eines neuen gotischen Chores, ab 1346 folgt der Bau des mächtigen Querhauses. 1356 wird Frankfurt als Wahlort der Kaiserwahlen durch die „Goldene Bulle“ urkund­lich festgelegt. 1415 erfolgt der Baubeginn des Westturmes nach den Plänen des städtischen Werk­meis­ters Madern Gerthener. Mit der Vollendung des Kuppelabschlusses werden 1514 sämtliche Bau­arbeiten am Dom eingestellt.
1562 findet die erste Königskrönung, 1612 dann die erste Kaiserkrönung im Dom statt. An­fang des 18. Jahrhunderts wird der Dom im barocken Stil umgestaltet. Der Dombrand von 1867 verursacht starke Schäden am Bauwerk, der obere Turmabschluss muss abge­tragen werden. Von 1869 bis 1880 schließt sich der Wiederaufbau und die Vollendung des Domturmes nach den mittelalterlichen Plänen unter Franz Josef von Denzinger an. Unter seiner Bauleitung erfolgt der Bau der neugotischen Vorhalle, für den Teile des Kreuzgangs abgerissen werden. In diese Zeit fallen die Neuausstattung des Domes mit originalen goti­schen Altären sowie die Ausmalung durch spätnazarenische Künstler. Nach Kriegsschäden im Jahr 1944 erfolgt die Wie­derherstellung im Stil der 1950er Jahre, während die große In­nenrestaurierung von 1991-1994 die Elemente der goti­schen Raumfassung wieder aufnimmt. Von 2000 bis 2009 fanden umfangreiche Sanierungsarbeiten am gotischen Domturm statt.
Bautafel
1415 Baubeginn des Turmes unter der Leitung des Baumeisters Madern Gerthener
1514 Fertigstellung der Kuppelhaube über der Türmerstube unter dem Werkmeister Jakob von Ettlingen, Einstellung der Bauarbeiten
1867 Dombrand
1869-80 Fertigstellung in heutiger Form unter dem Dombaumeister Franz Josef von Denzinger
1955 Steinmetzarbeiten zur Beseitigung von Kriegsschäden
1972-77 Umfassende Instandsetzungsarbeiten
1991-94 Innere Gesamtinstandsetzung
2000-09 Außensanierung des Domturmes in 3 Bauabschnitten

Baugestalt

Der heutige Bau ist eine dreischiffige Hallenkirche, die mit ihrem sehr kurzen (nur drei Joche), dreischiffigen Langhaus und dem einschiffigen Querhaus die Grundform eines Zentralbaues aufweist. Der Chorraum ist einschiffig und hat zwei Seitenkapellen. Das frühgotische Lang­haus wurde nach dem Dombrand 1867 erhöht und so in der Höhe Querhaus und Chor an­geglichen. Das weit ausladende Querhaus stellt die monumentalste Lösung eines Quer­schiffs der deutschen Gotik dar. Mit der Vierung zusammen ist es 62 m lang und 11 m breit. Die Ostwestachse misst 64 m, die Höhe beträgt im ge­samten Bau 23,20 m. Alle Schiffe sind mit Kreuzrippengewölbe überspannt. Der monumentale West­turm mit seiner ungewöhnlichen Kuppel gehört zu den großen Leistungen der deutschen Gotik.32

Ausstattung

Von der mittelalterlichen Ausstattung der Stiftskirche haben sich vor allem der Bartholomäus-Fries und das Chorgestühl im Hohen Chor, der gotische Maria-Schlaf-Altar in der nördlichen Chorseitenkapelle, zwei Sakramentshäuser sowie wertvolle Grabmäler erhalten. Beherr­schendes Ausstattungsstück in der Turmhalle ist das Original der Kreuzigungsgruppe von 1509, die 1920 vom Domfriedhof in das Innere versetzt wurde. Sowohl der Hochaltar im Ho­hen Chor als auch die sechs Schnitzaltäre in Querhaus und Wahlkapelle wurden erst nach dem Dombrand 1867 aufgestellt.
  • Bartholomäus-Fries mit 27 Szenen, um 1420
  • Chorgestühl, 13. und 14. Jh.
  • Grabplatte des Gegenkönigs Günther von Schwarzburg, 1352
  • Hochaltar, zusammengeführt 1882, Schrein und Predella 15. Jh.
  • Maria-Schlaf-Altar, 1434-38
  • Kreuzigungsgruppe, ca. 1509, Hans Backoffen
  • Gemälde der Beweinung Christi, 1627, von Anton van Dyck
  • Altarinsel, 1993, Entwurf Ulrich Hahn, Aachen
Glasgemälde
  • Maria-Schlaf-Kapelle, ein Glasfenster des englischen Künstlers William Francis Di­xon, 1881
  • Wahlkapelle, fünf Glasfenster von Johannes Schreiter, 1993

Restaurierungsarbeiten

Nach der Außensanierung der 1970er Jahre und der inneren Gesamtinstandsetzung der 1990er Jahre wurde im Jahr 2000 eine umfassende Außensanierung des gotischen Westturms in 3 Bauabschnitten eingeleitet.

Vorbereitende Maßnahmen
Eine aufwendige Schadensdokumentation sowohl vom Hubsteiger aus, als auch eine foto­technische Erfassung vom Helikopter aus, dienten als Grundlage zur Ermittlung des Scha­densaufwandes. Im Mai 2000 begannen die Gerüstbauarbeiten für den ersten Bauabschnitt zwischen 66m Höhe, dem Rundgang um die Turmkuppel, und der Turmspitze auf 95 m Höhe.

Entsprechend der denkmalpflegerischen Vorgabe war auf Verankerungen der Konstruktion am Bauwerk weitestge­hend zu verzichten, so dass ein aufwendiges Modulgerüst ge­plant wurde. Die Erstellung von photogrammetrischen Bestandsplänen des Domturmes im Maßstab 1 : 50 diente als Grundlage der Schadenskartierung an den Natur­steinoberflächen, der Restaurierungsdo­kumentation und ferner der Überprüfung späterer Veränderungen am Bauwerk. Die letzten Pläne wa­ren unter Dombaumeister Franz Josef von Denzinger nach dem Dombrand in 1867 entstanden.
Mitarbeiter eines Büros für Steingutachten trugen die verschiedenartigen Schadensbilder in differenzierter Form als Schadenskartierung in die Bestandspläne ein. Anschließend erfolgten weitergehende geologische und chemische Überprüfungen an den Natursteinen sowohl am Bauwerk, als auch im Labor des Gutachterbüros. Diese Vorar­beiten dienten als Grundlage für die Erstellung des Maßnahmenkataloges und für die Festlegung des Sanierungskonzeptes.
Das Schadensbild
Hauptschadensbild und Anlass der großen Sanierungsarbeiten sind die Zierteile in gotischer Formensprache und Antragungen, die bei der letzten großen Instandsetzungsmaßnahme in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts anstatt geschädigter Steinteile eingebaut worden waren. Dabei handelt es sich um einen Großteil der gotischen Bauzier, wie Krabben, Fialspitzen und Kreuzblumen aus dem 19. Jahrhundert. Zahlreiche der in Gussformen gefertigten filigranen Zierteile aus Steinersatz­mörteln sind schadhaft und auf Grund mangelhafter Verdübelungen locker und teilweise absturzge­fährdet. Glatte, flächige und profilierte Ergänzungen aus den 70er Jahren aus Steinersatzmateria­lien sanden stark ab und sind erneuerungsbedürftig.
Die Ergebnisse der Steinkartierung belegen außerdem Schäden an den historischen Stein­oberflächen aus der Zeit des Wiederaufbaues nach dem Dombrand von 1867 und dem Mittelalter. Große Bereiche der Sandsteinoberflächen sind mit einer dunklen, mit Bewuchs überzoge­nen Schmutzschicht bedeckt. Vor allem auf der Westseite des Domes sind dabei dichte Krustenbildungen festzustellen. Typische Verwitterungsmerk­male der roten Mainsandsteine am Dom­turm sind das Absanden bis Abblättern der entfestigten Steinoberflä­chen. Teilweise haben sich an den Natursteinoberflächen Schalen gebildet.
Die Maßnahmen
Als erster Arbeitsschritt wurden die Natursteinflächen in ei­nem speziellen Verfahren mit Glaspudermehl von der Kruste aus Staub- und Russ­partikeln gereinigt. Alle filigranen Zierteile aus Steinersatz­mörteln sowie alle Mörtelergänzungen an den Profilen und Kanten mussten ausgetauscht werden. Lediglich Mörtelergänzungen innerhalb der Natursteinoberflächen konnten in geschützten Bereichen erhalten bleiben. Alle Neuteile wurden Stück für Stück in Mainsandstein aus Steinbrüchen bei Mil­ten­berg im Spessart neu gefertigt. Vor allem die äußerst filigran gearbeitete gotische Bauzier des Okto­gongeschosses im mittleren Turmbereich stellte die Steinmetze vor besondere handwerkliche Her­ausforderun­gen, ein Abschnitt mit fast 7.000 qm vorwie­gend stark profilierten Sandsteinoberflächen und ca. 1.200 Zierelementen.
Entfestigte, absandende Natursteinoberflächen erhielten eine konservatorische Behandlung mit Kieselsäure. Fehlende oder schadhafte Fugmörtel wurden gegen traditionelle Kalkmörtel ausgetauscht. Die vom Blitzeinschlag beschädigte oberste Kreuzblume in 95 Meter Höhe bekam eine Ergänzung aus Naturstein. Sämtliche korrodierten Eisen- und Stahlteile wurden überarbeitet. Einen besonderen Auf­wand stellte außerdem die Sanierung der vier, jeweils 28 Meter hohen Eckfialen des Turmoktogons dar. Dabei mussten auf Grund von Korrosion in den eisernen Rückverankerungen die oberen Ab­schlüsse dieser Fialtürme abgebaut und anschließend neu aufgebaut werden.
Die Natursteinrestaurierung des 2. Bauabschnittes begann im November 2003. Ab dem Frühjahr 2006 wurde die aufwändige Gerüstkonstruktion von oben her zurückge­baut. Mit der Beendigung des 2. Bau­abschnittes im Juni 2006 ist das historische Wahrzei­chen der Stadt Frankfurt wieder frei von Gerüsten weithin sichtbar.
Parallel zum 1. und 2. Bauabschnitt wurde das große Schieferdach des Hochchores erneuert sowie die Sanie­rung der beiden Dachreitertürme durchgeführt.
Ein 3. Bauabschnitt ab Mai 2007 umfasst die umfangreichen Steinrestaurierungen und die Restaurierung der Putzflächen im unte­ren Bereich des Domturms auf einer Höhe von 40 Metern. Die Fertigstellung des 3. Bauabschnitts schloss die Gesamtsanierung des Domturmes dann im Herbst 2009 endgültig ab. Ab 2011 werden dann auch die schadhaften Dachflächen des Kirchenschiffes und des Querhauses instand gesetzt.
Bauherr
Dezernat III, kirchliche Angelegenheiten
Projektleitung und Bauleitung
Hochbauamt
Fachbauleitung u. Steingutachten
Labor für Erforschung und Begutachtung umweltbedingter Gebäudeschäden, München
Dr. Ettl + Dr. Schuh / Walter Hartleitner
Statisch-konstruktive Betreuung
Büro für Baukonstruktionen, Karlsruhe
Photogrammetrische Bestandsunterlagen
Ing.-Büro gbvd, Müllheim
Bauhistorische Untersuchungen
Ulrike Schubert M. A., Frankfurt a. M.
Ausführungszeit gesamt (1.- 3. Bauabschnitt)
08/2000 – 10/2009

Besonderheiten

Der Frankfurter Dom war niemals Kathedralkirche eines Bischofs. Seine große Bedeutung beruht auf seiner politisch-geschichtlichen Rolle durch die Kaiserwahlen und Kaiserkrönun­gen.
Mit neun Glocken, die 1877 durch J. O. Grosse in Dresden gegossen wurden, befindet sich im Domturm eines der bedeutendsten Geläute des 19. Jahrhunderts. Zum Geläut gehört die „Gloriosa“, die mit 11.950 kg schwere zweitgrößte Glocke in Deutschland.
1854 übernimmt die Stadt das Vermögen des 1803 aufgelösten Stiftes und verpflichtet sich gleichzeitig, den Dom dauernd zu unterhalten und dem Gottesdienst zur Verfügung zu stel­len. Der zugrunde liegende Dotationsvertrag zwischen der Freien Stadt Frankfurt und der katholischen Kirche ist eine Besonderheit, die es so nur in Frankfurt am Main gegeben hat. Die Dotationsverträge für die städti­schen Dotationskirchen haben bis heute Bestand.

Nutzung

Domkirchengemeinde

Literaturauswahl
Hampel, A. Der Kaiserdom zu Frankfurt am Main – Ausgrabungen 1991-1993. Nussloch (1993)
Hochbauamt Frankfurt (Hrsg.) St. Bartholomäus-Dom Frankfurt am Main. Frankfurt (1994) – Bericht über die Innenrestaurierung
Hochbauamt Frankfurt (Hrsg.) Der Frankfurter Domturm – Stadtbild, Geschichte, Restaurierung. Bonn (2009)
Römer-Büchner, B.J. Die Wahl- und Krönungskirche der deutschen Kaiser zu St. Bartholo­mäi in Frankfurt am Main. Frankfurt (1857)
Weerth de, E. Die Altarsammlung des Frankfurter Stadtpfarrers Ernst Franz August Münzen­berger (1833-1890). Frankfurt (1993)
derselbe Die Ausstattung des Frankfurter Domes. Frankfurt (1999)
Wolff, C. Der Kaiserdom in Frankfurt am Main. (Frankfurt 1892)
Bildnachweis:
Nrn. 2, 8, 11, 13: Hochbauamt;
alle anderen: Uwe Dettmar

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