St. Viktor Dom zu Xanten

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Baugeschichte

Romanischer Westbau mit spätgotischem Maßwerkfenster

Die Ursprünge des Dombaus gehen zurück auf die Legende des Hl. Viktor. Danach wurde dieser mit anderen römischen Soldaten der Thebäischen Legion wegen seines christlichen Glaubens getötet und im Bereich des heutigen Domes bestattet. Über seinem Grab entstand in der Zeit von 400 zum Gedächtnis ein kleiner Fachwerkbau, in dessen Nähe bald Gräber angelegt wurden. Die Verstorbenen sollten bei den Heiligen ruhen, lateinisch „ad sanctos“. Daraus entstand der Name Xanten.

Etwa Mitte des 8. Jahrhunderts wurde hier ein Stift gegründet. Die Stiftsherren, auch Kanoniker genannt, erneuerten im Laufe der Jahrhunderte die erste Kirche aus der Karolingerzeit bzw. bauten an ihrer Stelle mehrfach neu.

Der Bau der heutigen Kirche begann am 22.August 1263. Von Osten nach Westen errichtete man die neue Kirche im lothringisch-gotischen Formen und legte gleichzeitig die alte nach und nach nieder. Die romanische  Westchorhalle von 1180 – 1213 wurde beibehalten.

Die Anbindung des älteren Westchores erwies sich als schwieriges Unterfangen. 1487 wurde deshalb eine Kommission einberufen, an der auch der Kölner Dombaumeister teilnahm. Man beschloss, das mittlere Joch zu erhöhen und in die Westwand ein großes Maßwerkfenster zu brechen – eine ungemein anspruchsvolle, formal wie auch statisch nicht leicht zu bewältigende Bauaufgabe, deren überzeugende Lösung noch heute zu beeindrucken vermag. Damit war der Innenraum des Domes nach 256 Jahren Bauzeit vollendet. Die beiden Türme erhielten 1529 ihre Abschlussgalerien.

Die mittelalterliche Bautätigkeit an der Xantener Stiftskirche fand um 1550 ihren Abschluss.

Baugestalt

Mit einer Höhe und einer Länge von ca. 70m und einer Breite von ca. 40m gehört der Xantener Dom zu den größten Sakralbauwerken Nordrhein-Westfalens. Als querschifflose, fünfschiffige Basilika mit doppeltürmiger Westfront ist er weithin in der niederrheinischen Ebene sichtbar.

Grundriss Dom und Kreuzgangbebauung

Direkte Anbauten des Doms sind die Allerheiligenkapelle, die Sakristei sowie der Kreuzgang  mit Banita, Bibliothek  und Kapitelsaal.

Die ringförmige Umbauung mit Stiftsgebäuden, die sogenannte Immunität, ist teilweise original erhalten bzw. in den Nachkriegsjahren ergänzt worden, so dass ihr städtebaulicher Bezug zur Altstadt auch heute noch erfahrbar ist. Erwähnenswert ist die Torkapelle St. Michael, die die Immunität zum Markt abgrenzt.

Ausstattung

Der Xantener Dom verfügt über wertvolle Glasfenster aus verschiedenen Kunstepochen. Die ältesten Malereien sind Ende des 13. Jhdt. entstanden, die neusten Kunstwerke sind die Glasmalereien aus dem Jahr 1982 von Paul Weigmann, die heute ebenfalls denkmalwert sind.

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Eine Vielzahl von Altären hat sich erhalten, ebenso der Lettner und das aus dem Vorgängerbau stammende Chorgestühl, das zu den ältesten im Rheinland gehört.

Viktorschrein von 1128

Seit 1128 werden die Gebeine des Hl. Viktor in einem Schrein aufbewahrt, der in den 1529 entstandenen Hochaltaraufsatz eingefügt wurde.

Neuestes Ausstattungsstück sind der von Gernot Rumpf 1976 gestaltete Gemeindealtar und dessen Umfeld.

Restaurierungsarbeiten

Unter Napoleon wurde das über 1000jährige Stift im Zuge der Säkularisation 1802 aufgelöst. Die katholische Kirchengemeinde übernahm den Kirchenbau und die Stiftsgebäude, die hier glücklicherweise nicht wie andernorts abgebrochen wurden und als einzigartiges Bauensemble zum großen Teil bis heute bewahrt werden konnten. 1815 verhinderte Karl Friedrich Schinkel den Abbruch des als überflüssig empfundenen Lettners.

1857 – 1868 erfolgt eine umfassende Sicherung und Restaurierung des Außenbaus durch Kreisbaumeister Carl Cuno. Im Gegensatz zum Geist seiner Zeit versuchte er nicht, sich mit spektakulären Neuschöpfungen selbst ein Denkmal zu setzen, sondern ordnete sich dem Vorgefundenen einfühlsam unter. Mit dieser Vorgehensweise war er seiner Zeit weit voraus, so dass seine restauratorische Leistung modernen Ansichten zur Konservierung und Restaurierung Stand halten kann. Leider fand er zeitlebens nur die Anerkennung weniger Fachkollegen, auch die von ihm gewünschte Anstellung als Bauinspektor nach Abschluss der Arbeiten in Xanten blieb ihm verwehrt.

Begleitet wurden die Arbeiten vom 1849 gegründeten ersten Dombauverein, der 1868 nach Beendigung der Restaurationsarbeiten aufgelöst wurde.

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Eine ernstliche Bedrohung für die Existenz des Domes stellten die Luftangriffe am 10. und 21. Februar 1945 dar, die der Stadt und dem Dom schwerste Schäden zufügten. Baurat Schüller findet den Tod unter den Trümmern der Dombauhütte. Ernsthaft wird an eine Einebnung der Kirchenruine gedacht.

Dem unermütlichen Einsatz des Landeskonservators und Denkmalpflegers Walter Bader ist es zu verdanken, dass die St. Viktorskirche ab 1947 originalgetreu wieder aufgebaut wurde. Er setzte sich für die Wiedererrichtung des Domes als Wahrzeichen der Stadt ein und sprach sich dagegen aus, „im Geist der Gegenwart“ neu zu bauen.

Die Wiederherstellung konnte 1966 weitgehend abgeschlossen werden.

Einbau von Schutzverglasungen   DSCF3659   DSCF1207

Viele Dinge, die zum Zeitpunkt des Wiederaufbaus zurückgestellt wurden, benötigen nun nach über 50 Jahren Reparaturen und Pflege, weitere Schadensbilder kommen hinzu. Auch entsteht Neues und Zukunftweisendes, so z.B. die Montage der Schutzverglasungen.

Besonderheiten

Die Fülle an erhalten gebliebenen Ausstattungsstücken, der durch einen Lettner abgetrennte Hochchor, die Kreuzganggebäude mit Kapitelsaal und Stiftsbibliothek, die in weiten Teilen historische Immunitätsbebauung, die Abgrenzung des Kapitels durch die Torkapelle St. Michael und die wertvolle Sammlung des StiftsMuseums lassen in einzigartiger Weise das Kanonikerstift erlebbar werden.

Dom und Immunität von Süden

Nutzung

Heute ist die ehemalige Stiftskirche lebendiges geistliches Zentrum der katholischen Propsteigemeinde St. Viktor, aber auch letzte Ruhestätte von Märtyrern der NS-Zeit, bedeutendes Pilgerziel am niederrheinischen Zweig des Jakobsweges, hochkarätiger Veranstaltungsort für kirchenmusikalische Konzerte, Touristenmagnet und beliebtes Postkartenmotiv. Seit über 1600 Jahren zieht es Beter, Pilger und Besucher an diesen 1936 zur päpstlichen Basilica minor erhobenen heiligen Ort.

   DSCN0322   Blick über den Lettner zum Hochaltar