Baugeschichte
Ostansicht
Die Geschichte des Domes und in der Folge auch die Geschichte der Stadt Fulda ist in engem Zusammenhang mit dem Lebenswerk des Hl. Bonifatius zu sehen. Dieser wurde um 675 in England geboren und begann 716 damit das europäische Festland zu missionieren. Um den Auftrag zur Mission in Germanien zu erhalten und zu vertiefen, berief der Papst ihn mehrfach nach Rom.
In der Folge gründete Bonifatius Klöster in Fritzlar, Amöneburg und 744 durch Sturmius das Kloster in Fulda.
Dieses war als Rückzugskloster aus der profanen Welt gedacht und mit einem päpstlichen „Exemptionsprivileg“ ausgestattet. Hierdurch war es der kirchlichen Hierarchie entzogen und unterstand unmittelbar dem Papst.
746 wurde Bonifatius Bischof von Mainz. 754 zog er noch einmal nach Friesland, wo er am 5. Juni 754 mit 52 Gefährten ermordet wurde.
Vier Wochen später wurde er in Fulda begraben. Als Grabesort des Bonifatius erfuhr das Kloster raschen Bedeutungsgewinn durch Wallfahrten und Zustiftungen als Ausdruck der Verehrung des Heiligen.
Karl der Große erkannte sehr bald nach seiner Machtübernahme im Jahr 768 die Bedeutung des Klosters Fulda für seine Expansionspolitik. 774 verlieh er dem Kloster zwei Reichsprivilegien, die „Immunität“ eines Reichsklosters und das Recht der freien Abtswahl. Damit machte Karl das Kloster zu seinem Verbündeten. Danach hatte das Kloster, nach einer militärischen Unterwerfung, die Missionierung und die Integration der unterworfenen Volksstämme zu betreiben. Karl gab dem Kloster damit reichspolitische Bedeutung, die im Widerspruch zu der Weltabgeschiedenheit der ursprünglichen Gründung stand.
782 besuchte Karl Fulda und konkretisierte den Auftrag vor Ort. Fulda sollte, wie alle Klöster in seinem Reich, ein Bildungszentrum werden, den Bildungsstand der Missionare heben, das Schreiben kultivieren und lehren, die Bibel richtig auszulegen. Der „doctor universalis“ Rhabanus Maurus wurde 822 Abt des Klosters.Er war bereits eine prägende Gestalt der berühmten mittelalterlichen Klosterschule. Schenkungen aus den neu missionierten Gebieten und ein Zuwachs an Mönchen machten Fulda zu einem der größten Klöster im damaligen Frankenreich. Auf den umliegenden Hügeln Petersberg, Johannesberg, Andreasberg (1023) und Frauenberg entstanden weitere Nebenklöster.
791 bis 819 wurde eine riesige neue Klosterkirche gebaut. Diese ersetzte die bis dahin vorhandene einfache Klosterkirche, in der Bonifatius begraben lag. Die nach ihrem Erbauer-Mönch und späteren Abt ( ab 802 ) so genannte „Ratgar- Basilika“ erstreckte sich mit Paradies, Kreuzgang und Konventsbau über 220 Meter und ist dem Vorbild von Alt- St.- Peter nachempfunden.
Historischer Stempel mit Bild der „Ratgar-Basilika“
Der barocke Ausbau Fuldas begann vor 1700. Der „Bauwurm“ hatte auch Fürstabt Adalbert von Schleifras erfasst. Die Ratgar- Basilika wurde 1704 bis 1712 von dem Barockbaumeister Johannes Dientzenhofer durch den barocken Dom nach dem Vorbild römischer Barockkirchen ersetzt. Dientzenhofer verwendete auch alte Bauteile der Ratgar- Basilika, wie z.B. die beiden Türme der Ostfassade. Dientzenhofer verbreiterte optisch die Ostfassade mit den sehr eng beieinander stehenden Türmen, indem er eine barocke Giebelfassade, die Seitenkapellen, die seitlichen Obelisken und die den Platz ursprünglich auf voller Breite begrenzende Mauer einfügte. Die ziegelrot gefasste Fassade war mit ihren hellgrauen Figuren und Ornamenten sowie mit den punktuellen Vergoldungen eine prachtvolle Kulisse für kirchliche Inszenierungen.
Der barocke Dom, ursprünglich noch als Mönchskirche entworfen, war bereits Ausdruck des Selbstverständnisses eines Bischofssitzes. 1752 wird Fulda zum Fürstbistum erhoben.
Baugestalt
Die dreischiffige Basilika wird zentriert durch eine Vierungskuppel und den sich anschließenden Altarraum. Die doppelchörige Anlage der Kirche im Mittelalter wurde von Dientzenhofer zugunsten der eindeutigen Ausrichtung nach Westen aufgegeben. Der Hochaltar ist eine offene Säulenarchitektur, der den Blick in den Hochchor ( ehem. Mönchschor) freigibt. Darunter liegt die Krypta des hl. Bonifatius. Auf dem Gebälk des Hochaltares erhebt sich, umgeben von Wolken und Putten, Maria zur Himmelfahrt. Sie wird aufgenommen von der hl. Dreifaltigkeit , die am Triumphbogen darüber dargestellt ist. Die zwei Querhäuser, die nur unwesentlich breiter als das Langhaus sind, werden von zwei Großen Altären abgeschlossen, die dem Ordensgründer Benedikt ( Süden) und dem Klostergründer Sturmius (Norden) geweiht sind.
Die Architektur des Hauptschiffes wird rhythmisiert durch den Wechsel von bogenüberspannten Durchgängen in die Seitenschiffe und niedrigen geraden Durchgängen, über denen sich Figurennieschen (Trikonchos) mit Standbildern der Apostel befinden.
Altaransicht
Bonifatiusgruft
Ausstattung
Die enge Beziehung des Klosters zu Karl dem Großen ( 800 zum Kaiser gekrönt ) zeigt ein Relief des Kaisers, wahrscheinlich aus dem 14. Jh. , auf der Innenseite eines der beiden im Kern erhaltenen Türme.
Relief des Kaisers Karl der Große
Das „Goldene Rad“ aus dem Jahr 1415 hing noch bis 1781 im Kirchenschiff und wurde bei kirchlichen Festen vom Dachstuhl aus gedreht. Es war mit vielen Glöckchen und Schellen besetzt und unterstützte Orgel und Gesang „ zur Erhöhung der Andacht“.
An Pfingsten 1781 riss eines der tragenden Seile, das Rad stürzte ins Kirchenschiff ab, erschlug dabei einen Mann und verletzte mehrere Gottesdienstbesucher. Im Dachstuhl sind noch Teile der Konstruktion vorhanden.
Das Goldene Rad
Die Orgelsanierung wurde von der großen Dombaukommission, unter Beteiligung eines Orgelspezialisten, begleitet. Man entschied sich für eine Sanierung und Erweiterung des Spielwerks der von 1877 stammenden Sauer- Orgel und eine Restaurierung des barocken Orgelprospektes
„in – situ“.
So konnten die alten Holzverbindungen erhalten bleiben und die ursprüngliche metallen strahlende Farbigkeit des Instrumentes wiederhergestellt werden. Das Spielwerk wurde unter Verwendung alter Pfeifen ( 2269 von ursprünglich 6152 ) von der Orgelbaufirma Rieger neu mit Schleiflacktechnik erbaut.
Barockes Orgelprospekt
Restaurierungsarbeiten
Die Säkularisation 1802/03 führte zu der Enteignung des Kirchengutes und zur Auflösung des Hochstiftes Fulda. Wilhelm von Oranien wurde Souverän von Fulda. Später gingen die südlichen Landesteile an Bayern; Fulda wurde kurhessisch und 1866 preußisch.
1945 trat das Land Hessen dessen Rechtsnachfolge als Baulastträger der Kathedralkirche an. 1962 wurden in den so genannten Staatskirchenverträgen die Staatsbaulasten abgelöst, mit Ausnahme u.a. des Doms in Fulda.
Für vier kulturhistorisch besonders bedeutende Kirchen ( Elisabethkirche in Marburg, Universitätskirche Marburg, Dom zu Limburg und Dom zu Fulda ) behielt das Land die Patronatspflicht. Dies bedeutet, dass die Durchführung der laufenden Bauunterhaltung, des im Patronatsverzeichnis festgehaltenen Baubestandes, durch die staatliche Bauverwaltung des Landes Hessen erfolgt.
In den Jahren 1978 – 1996 wurde eine umfangreiche Sanierung des Innen- und Außenbaus des Domes durchgeführt. Hierbei wurden, bis auf wenige in den Folgejahren bearbeitete Bauteile, die gesamte Außenhaut, die Innenraumschale sowie die Ausstattung des Domes saniert und restauriert. Das augenfälligste Ergebnis dieser Maßnahme ist die Wiedergewinnung der strahlend weißen Kalkfassung des Innenraumes, der zuvor durch die Verschmutzungen und durch von der Originalfassung abweichende Vergoldungen und farbliche Absetzungen verändert worden war. Im Gegensatz hierzu wurde die Fassade zum Domplatz hin nicht nach Befund überfasst, sondern steinsichtig belassen.